Empfehlung des Beirats für Raumentwicklung beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zum Thema „Siedlungsentwicklung – Flächen sparen“
Die Empfehlungen an den Bund umfassen eine Vereinheitlichung der Datengrundlage. Künftig solle zwischen der reinen „Umnutzung“ von Landschaft ohne ökologische Einbußen und der tatsächlichen und die Umwelt belastenden Versiegelung von Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke differenziert werden. Empfohlen wird auch eine Abgrenzung zwischen Wohn- und Gewerbeflächen und Verkehrsflächen. Zudem solle dargestellt werden, inwieweit Flächen für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen in die Statistik der Flächenneuinanspruchnahme eingehen.
Weiterhin sollte die bevorstehende Grundsteuerreform eine baulandmobilisierende Komponente enthalten, um insbesondere bebaubare, aber unbebaute Grundstücke im Innenbereich in eine bauliche Nutzung zu bringen.
Empfohlen wird die Erweiterung der allgemeinen und besonderen Vorkaufsrechte der Städte und Gemeinden nach §§ 24, 25 BauGB.; ein Gemeinwohlgrund solle künftig auch dann vorliegen, wenn Kommunen eine unbebaute, aber aus Spekulationszwecken vorgehaltene Baulücke der Bebauung für Wohnzwecke zuführen wollen.
Weiterhin wird eine praxisgerechte Weiterentwicklung des Bau-, Instandsetzungs- sowie Entsiegelungsgebots nach den §§ 176, 177 und 179 BauGB empfohlen.
Eine über den § 17 Abs. 2 BauNVO hinausgehende Flexibilisierung der Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung soll ebenfalls in Betracht gezogen werden.
Im Falle einer Verlängerung der Regelung des § 13b BauGB (Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren) wird empfohlen, das Erfordernis des Bebauungsplans zur Deckung eines dringenden Wohnraumbedarfs nachweisen zu lassen. Hierfür sollten Kriterien zur Bestimmung der Dringlichkeit, z.B. eine aktualisierte regionale Bevölkerungs- und Zuwanderungsprognose, herangezogen werden.
Bund, Ländern und Kommunen wird empfohlen, die bestehenden Instrumente der Raumordnung und der Landesplanung sowie des Städtebaurechts anzuwenden, um die flächenpolitischen Ziele des Bundes zu erreichen. Zugleich sollen Flächen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Industrie und Gewerbe sowie die Energieerzeugung gesichert werden. In diesem Zusammenhang sollen Brachflächen und Baulücken im Innenbereich stärker genutzt werden. Zur Belebung von Ortskernen und zur Reaktivierung von Brachen sollte es Familien oder Privaten zum Zwecke des Wohnungsbaus ermöglicht werden, von der Grunderwerbsteuer freigestellt zu werden oder zumindest einen hohen Freibetrag gewährt zu bekommen.
Im Städtebaurecht und in Form von Förderanreizen sollte der Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung gestärkt werden.
Ökonomische Ansätze zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme sollten weiter untersucht werden, ein umfassender Flächenhandel wird jedoch kritisch betrachtet. Zu prüfen sei statt dessen ein kommunaler Kompensationsflächenpool für Ausgleichsmaßnahmen.
Stärkeres Gewicht in der Vollzugspraxis sollte der raumordnungsrechtliche Grundsatz eines Ausgleichs räumlicher und struktureller Ungleichheiten zwischen den Regionen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 S. 5 ROG) gegenüber dem Grundsatz der räumlichen Konzentration auf vorhandene Siedlungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 und 4 ROG) mit ausreichender Infrastruktur und auf zentrale Orte erhalten. Hiermit könne dem Anspruch an die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Rechnung getragen werden.
Staatliche Einrichtungen von Bund und Ländern, Behörden sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen sollten in Verbindung mit passfähigen Unternehmen verstärkt in ländliche Räume - insbesondere solche mit starkem demografischem Handlungsbedarf - verlegt werden. Mit dem Ziel der Steigerung der Attraktivität strukturschwacher ländlicher Räume besonders für junge Fachkräfte und Familien mit Kindern sei ein guter und schneller ÖPNV, Schnellbahnverbindungen, Kindergärten, Bildungsangebote, Gesundheitsversorgung sowie ein gutes Kultur- ,Sport und Freizeitangebot zu schaffen. Außerdem bedürfe es des Ausbaus der digitalen Infrastruktur.
Die Städtebauförderung müsste ausgebaut werden, um attraktive Innenstädte und Ortskerne zu fördern. Erforderlich sei eine Aufstockung von 790 Millionen auf eine Milliarde Euro jährlich. Hiermit könne die Innenentwicklung forciert und eine Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme erreicht werden.
Mit einer verstärkten Dezentralisierung und der Schaffung von öffentlichen sowie privaten Arbeitsplätzen in ländlichen Räumen mit bezahlbarem Wohnen sollten Pendlerströme reduziert werden.
Der Beirat für Raumentwicklung berät auf der Grundlage von § 23 Raumordnungsgesetz das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat in Grundsatzfragen der räumlichen Entwicklung. Er setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen und der Wissenschaft zusammen. Alle Empfehlungen des Beirats zum Thema Flächensparen sind in einem Papier zusammengefasst worden.